Geschichtsbewahrer
Hall in Tirol
07. März 2014

Haller Salzberg

Haller Salzberg – eine ewige Baustelle

Die Betriebseinstellung des Haller Salzberges im Jahr 1967 war eine Art Premiere, erstmals wurde ein alpiner Salzberg einfach geschlossen. Dies brachte eine Reihe von Herausforderungen mit sich, denn trotz des Produktionsstopps konnten die Instandhaltungsarbeiten nicht so einfach eingestellt werden. Erfahrungen diesbezüglich hatte man keine, weder bei handwerklichen noch industriellen oder Bergbaubetrieben.

Der Haller Salzberg stellte folglich eine Art Experimentierfeld dar. So versuchte man, die ehemaligen Soleerzeugungswerke mit vollgrädiger Sole zu füllen, dieser Vorgang heißt in der Fachsprache „hydraulisch versetzen“. Die Sole sollte ein weiteres Ätzen am Salzgebirge verhindern. Überdies wurden Stollenabschnitte mit Kalksteinen gefüllt, um so bei einem eventuellen Ausbruch eines gefüllten Werkraumes die Schwallwirkung bremsen.

Die größte Gefahr bildet jedoch gar nicht das Salz, sondern vielmehr das durchfließende Wasser. Der Abbau des Salzes erfolgt bei den alpinen Salzbergbauen nämlich nicht trocken. Das Steinsalz wird also nicht einfach herausgebrochen, sondern mittels Nassabbau gewonnen. Da der Salzgehalt im Gebirge bei 20 bis 40 Prozent liegt, muss das Salz mittels Wasser aus dem Gebirge gelöst werden. In der Saline dann wird durch Eindampfen der Sole das Salz gewonnen.
In den alpinen Salzbergwerken wurde daher von Anfang an nicht nur nach Salz, sondern auch nach Wasser untertags gesucht. Im salzführenden Haselgebirge findet man aber kein Wasser, sonst wäre das Salz nicht mehr da. Man musste Stollen, Schächte und Schürfe außerhalb und oberhalb des Salzlagers errichten, wo auch reichlich Wasser vorhanden ist. Den Haller Salzberg durchfließen jährlich rund 1,5 Mio. Kubikmeter Wasser, also mehr als die Stadt Hall an Trinkwasser benötigt.

Diese unterirdischen Wasserzutritte in den Stollen sind also das große Problem. Gelingt es, das Wasser möglichst ohne Berührung mit dem Salzgebirge zu fassen und obertags auszuleiten, dann kann nicht viel passieren. Wird das Wasser aber zu Raubwasser, indem es das Salz auflöst, dann bilden sich große Hohlräume. Außerdem handelt es sich beim Haselgebirge um ein toniges (lehmiges) Material. Hier besteht zusätzlich die Gefahr, dass dieses durch das Wasser ebenfalls abgetragen wird. Man kann also den Salzberg nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Es gilt also in alle Ewigkeit, auch wenn nicht mehr produziert wird, die Betriebsstätte weiter zu erhalten. Alle Stollen, Schächte und Schürfe, die zu den Wasserorten führen, müssen instand gehalten werden. Es handelt sich hier um rund 6 km Wegstrecke.

Äußerlich ist das Salzgebirge von einer Schicht Wettersteinkalk umgeben, der sehr druckfest ist. Das darunter liegende Haselgebirge stellt eine plastische Masse dar. Dies macht es notwendig, dass der Großteil aller Stollen, Schächte und Schürfe mit Stahl, Holz oder Beton ausgebaut werden muss. Diese Ausbauten sind oft starken Gebirgsdrücken ausgesetzt und müssen nach wenigen Jahren erneuert werden.

Diese Wartungsarbeiten sind aber sehr kostenintensiv, da sie untertags bis in eine Tiefe von 1500 m erfolgen. Sie finden also praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Durch die hochalpine Lage des Salzberges im Halltal, wo die Stolleneingänge zwischen 1300 und 1600 m Seehöhe liegen, können diese Arbeiten nur in der schneefreien Jahreszeit durchgeführt werden. Bei den jährlichen Hauptbefahrungen im Oktober kann man nur die sichere Begehbarkeit der Stollen feststellen, nicht aber die Vorgänge im Berg selbst. Das kann man nur durch die Auswertung der Wasserproben erfahren.

22 Jahre nach Einstellung der Haller Salzproduktion kam als nächster Salinen- und Salzbergbaubetrieb Hallein und der dortige Salzberg am Dürrnberg an die Reihe. Auch hier wurde wie in Hall der Bergbau und die Saline stillgelegt. Am Dürrnberg wurde allerdings die Gästebefahrung belassen und weiter ausgebaut. Am Haller Salzberg gab es nach der Einstellung 1967 nur einmal ein größeres Gebrechen, dessen Auswirkungen bis obertags reichten. Das war 1971, als das Erzherzog-Johann-Werk ausbrach. Beim Salzbergbau Altaussee kam es 1977 zur Bildung eines 300 m tiefen Kraters, der vom Lobkowitz-Laugwerk bis obertags durchbrach, und dessen Sanierung, die nur mit Hilfe ausländischer Spezialfirmen durchgeführt werden konnte, damals 70 Mio. Schilling (rd. 5. Mio. Euro) kostete.